Inhaltsverzeichnis:
- Aussage des Gutachters Matthias Lammel
- Kindheit, Krankheit und Isolation
- Schwangerschaft und Verdrängung
- Verlauf des Prozesses in Dresden
- Zusammenfassung der wichtigsten Fakten
Aussage des Gutachters Matthias Lammel
Am Freitag trat der psychiatrische Sachverständige Matthias Lammel (70) vor dem Landgericht Dresden auf. Der erfahrene Forensiker kam nach gründlicher Untersuchung zu dem Schluss, dass bei der Angeklagten keine Anzeichen für eine eingeschränkte oder aufgehobene Schuldfähigkeit vorliegen. Er beschrieb Lisas Verhalten als Ergebnis langjähriger emotionaler Vernachlässigung und fehlender sozialer Unterstützung.
Lisa habe laut Gutachter eine schwierige Kindheit und Jugend ohne Bezugspersonen erlebt. Sie wuchs ohne Vertrauen und ohne stabile Beziehungen auf. Hinzu kam eine chronische rheumatische Erkrankung, die sie bereits seit dem Kindesalter stark belastete. Diese Umstände hätten dazu geführt, dass Lisa versuchte, sich unauffällig anzupassen und Konflikten aus dem Weg zu gehen.
Kindheit, Krankheit und Isolation
Der Gutachter erläuterte, dass Lisa keine funktionierenden Strategien zur Konfliktbewältigung besaß. Statt offener Auseinandersetzungen habe sie gelernt, Probleme zu verdrängen oder zu verschweigen. *„Sie entschied sich häufig für den Weg des geringsten Widerstandes“,* erklärte Lammel. Das habe in vielen Lebenssituationen zu Täuschung und Verdrängung geführt.
Trotz dieser Verhaltensmuster stellte der Forensiker klar, dass keine Persönlichkeitsstörung oder psychische Krankheit im klinischen Sinne vorliege. Vielmehr handele es sich um eine „passive Nachlässigkeit“, eine Art psychische Flucht vor Verantwortung. Lisa habe oft gehofft, dass sich Schwierigkeiten von selbst lösen würden, ohne ihr eigenes Zutun.
Schwangerschaft und Verdrängung
Besonders tragisch sei, dass Lisa ihre Schwangerschaft vor sich selbst und ihrer Umgebung vollständig verleugnet habe. Dadurch entstand keine emotionale Bindung zum ungeborenen Kind. Sie bereitete weder die Geburt noch die Zeit danach vor. Als es im Februar in ihrer Wohnung in Freital zur Entbindung kam, war sie allein.
Das Mädchen kam lebend zur Welt. Laut der Gerichtsmedizinerin überlebte das Baby etwa 20 Minuten, bevor es starb. Nach dem Tod legte Lisa den Säugling in eine Biotonne, um die Spuren der Geburt zu verbergen. Die Leiche wurde später auf einem Recyclinghof entdeckt. Die Polizei konnte Lisa innerhalb weniger Tage festnehmen. Seitdem befindet sie sich in Untersuchungshaft.
Verlauf des Prozesses in Dresden
Der Prozess vor dem Landgericht Dresden konzentriert sich nun auf die Frage der Schuld und die Hintergründe der Tat. Das Urteil wird in den kommenden Tagen erwartet. Bisher ergab sich kein Hinweis darauf, dass Lisa aus Wut oder Vorsatz handelte. Vielmehr deutet alles auf Überforderung, Angst und emotionale Erstarrung hin.
Die Staatsanwaltschaft stützt sich auf die Ergebnisse der Obduktion und auf die Aussagen von Zeugen. Das Gericht prüft, inwieweit die psychische Verfassung der Angeklagten ihr Verhalten beeinflusst hat. Lammel betonte erneut, dass keine krankhafte seelische Störung vorliegt, sondern ein Versagen in einer Extremsituation.
Zusammenfassung der wichtigsten Fakten
- Tatort: Freital bei Dresden
- Täterin: Postzustellerin Lisa, derzeit in Untersuchungshaft
- Gutachter: Matthias Lammel, 70 Jahre, Forensiker
- Todeszeitpunkt des Babys: etwa 20 Minuten nach der Geburt
- Fundort: Recyclinghof, Bioabfallbehälter
- Gericht: Landgericht Dresden
- Diagnose: Keine psychische Erkrankung, aber emotionale Verdrängung
Der Fall um Lisa zeigt ein Bild aus Einsamkeit, Krankheit und Verzweiflung. Das Gericht steht vor der Aufgabe, zwischen Schuld und menschlicher Tragödie zu unterscheiden. Das Urteil wird für die Angeklagte über ihre Zukunft entscheiden – und für die Gesellschaft Fragen nach Prävention und Unterstützung aufwerfen.
Quelle: TAG24, www.fox360.net/de